SPS: Konstante Weiterentwicklung erfüllt den modernen Bedarf von heute

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Heiko Luckhaupt, Category Marketing Manager – Automatisierung und Steuerung, RS Components

 

Seit dem Aufkommen der SPS-Technik Anfang der 70er Jahre spielen die Kundenwünsche im Hinblick auf deren Funktionsumfang heute eine noch größere Rolle; insbesondere, wenn diese überentwickelt oder leistungsmäßig unterdimensioniert sind.

Viele Gesetze regeln und formen die moderne Gesellschaft von heute. Eines, das möglicherweise den mitunter größten Einfluss hat – zumindest in den vergangen zwei oder drei Jahrzehnten – ist das Mooresche Gesetz. Dieses nach Gordon Moore benannte Gesetz besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren in einem IC etwa alle zwei Jahre verdoppelt.

In Bezug auf die Anzahl der Komponenten und des Zeitrahmens schwankt dieses Gesetz ein wenig, aber in der Zwischenzeit hat die immer größere IC-Dichte zu der Entwicklung vieler moderner Kleingeräte, Anlagen und Technologien von heute beigetragen, die wir mittlerweile als selbstverständlich hinnehmen.

Ebenso wie die Unterhaltungselektronik bleibt auch die Industrie von den Fortschritten im Bereich der Rechenleistung nicht unbeeinflusst. Auch bei größeren Abständen zwischen den Produkteinführungszeiten und der längeren Produktlebensdauer konnte die Industrie in vielen Bereichen von einer stetigen Leistungssteigerung der Geräte und Zubehörkomponenten profitieren. An der Spitze der integrierten Schaltkreisrevolution lag in der Industrie die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS), die in vielen industriellen Anwendungsbereichen sehr häufig als Schalt- und Leitzentrale eingesetzt wird.

Es ist ähnlich wie bei vielen Technologielösungen von heute. Das, was wir heute über die erste SPS wissen, ist das Ergebnis einer Kurzeinführung der Automobilindustrie, genauer gesagt ein Vorschlag von der Abteilung für Automatikgetriebe bei General Motors im Jahre 1968. Die erste SPS – dies war das von einem Kunden akzeptierte Angebot für einen geeigneten Ersatz für fest verdrahtete Systeme auf Relaisbasis – wurde in Folge von Bedford Associates unter dem noch heute gebräuchlichen Markennamen Modicon entwickelt, die sich heute im Besitz von Schneider Electric befindet.

Die Nachfrage nach dieser neuen Technologie, die die Vielzahl einzelner Relais und Schalter ersetzen sollte, explodierte und viele andere Unternehmen sprangen auf den fahrenden Zug auf, um eigene Modelle mit speziellen technischen Verfahren und USPs zu entwickeln. Je weiter sich die IC-Technologie entwickelte, desto stetiger nahm der Funktionsumfang der angebotenen Systeme zu und die jeweiligen Hersteller konnten die Leistung so gut wie jedes Teilaspekts ihrer SPS steigern.

Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte wurden mehrere Fortschritte erzielt, wovon viele die Folge der typischen Phasen eines Produktlebenszyklus gekoppelt mit neuen Marktbedarfen waren. Gegen Ende der 90er Jahre wurde die gezielte Auswahl aus den vielen hochentwickelten SPSen namhafter Hersteller in der Branche immer schwieriger. Zu den Hauptunterscheidungsmerkmalen gehörten dabei die verschiedenen Netzwerkarchitekturen und Programmiersprachen.

Diese waren an bestimmte USPs gekoppelt, wie z. B. eine riesige Auswahl an Plugin-Modulen, Anschlussvarianten, Kabelausführungen (und Farben), Montageverfahren und sogar an der äußeren Formgebung und dem Design des Betriebsmittels. Dabei machten leicht zu verdrahtende Eintrittspunkte für kurze Zeit in der Fachpresse sogar Schlagzeilen. Schließlich ging man dazu über, mit der Anzahl der Programmierparameter zu punkten. Rasch darauf folgte „...die Möglichkeit, 80 Prozent von ihnen zu verschleiern... und die SPS-Programmierung dadurch noch einfacher zu machen“. Es entstand ein unendlicher Zyklus mit neuen Ideen und Funktionen, die sich in Bezug auf die angebotene Funktionsvielfalt alle nach dem Prinzip des Mooreschen Gesetzes richteten.

Das Mooresche Gesetz beschränkte sich aber nicht nur auf die führenden Marken. Einfache Relais wurden mit anderen zu Relais-Clustern verbunden. Noch mehr Intelligenz wurde integriert, um Steuermodule auf Relaisbasis einzuführen. Anschließend wurden die Anschlussmöglichkeiten und die Übertragungsgeschwindigkeiten weiter ausgebaut, und bevor wir uns dessen bewusst waren, hatten sich bereits die ersten SPS in einfacher Ausführung entwickelt, die sich zu den SPS-Familien der Mid-End- und der High-End-Kategorien dazugesellten.

Gerade im Low-End und im Mid-End-Bereich wurden in den letzten Jahren die interessantesten Fortschritte in Bezug auf den Funktionsumfang erzielt. Fast alle führenden SPS-Hersteller bieten Produkte mit einem höheren Funktionsumfang an, die überall auf der Welt in Fertigungslinien und großen Montagemaschinen und -zellen eingesetzt werden. Der Markt verändert sich jedoch, nicht in Bezug auf den Bedarf nach noch mehr Leistung im High-End-Bereich, sondern eher in Richtung einer Agilität kombiniert mit dem, was heute als nächste industrielle Revolution bezeichnet werden könnte, der Fertigung/Industrie 4.0.

Vor diesem Hintergrund setzen viele Maschinenkonstrukteure und Endverbraucher auf die Schaffung modularer, interoperabler und „umrüstbarer“ Fertigungslösungen von hoher Flexibilität, die sich in jedem beliebigen industriellen Umfeld und in jedem Land bei minimalem Mehraufwand einsetzen lassen. Für solche modularen Lösungen nehmen sie gezielt Leitrechner im Low-End bis Mid-End-Bereich ins Visier, die sich dann ganz einfach in ein umfangreicheres Netzwerk auf Werksebene integrieren und einbinden lassen, welches dann letztendlich durch High-End-SPS-Technologie gesteuert wird.

Durch diesen Mehrfunktionsbedarf macht sich ein positiver Trend in Richtung eines größeren Funktionsumfangs bemerkbar; eine Weiterentwicklung der Low-End bis Mid-End-Leitrechner (teils bedingt durch das Mooresche Gesetz), durch die ihre Funktionen den unteren Betriebsbereich der Leitrechner auf höherer Ebene abdecken. Für Maschinenkonstrukteure ist dies ein wahrer Segen, besonders für diejenigen, die das Prinzip eines zweckgerechten Designs befürworten. Diese Konstrukteure können nun Leitrechner konzipieren, die exakter auf ihren Bedarf abgestimmt sind. Statt Leitrechner im High-End-Bereich nicht genug auszulasten oder deren Funktionsbandbreite auf den Spitzenfunktionsbereich zu begrenzen, der von früheren Leitrechner-Ausführungen im Mid-End-Bereich zur Verfügung gestellt wurde, schöpfen sie die Vorteile modernster Kleinleitrechner aus, ohne dabei an Leistung einzubüßen. Man könnte außerdem auch behaupten, dass diese Kleinleitrechner im Hinblick auf die Leistung heute dort sind, wo sich vor wenigen Jahren noch ihre größeren Vorgänger befanden, jedoch als erheblich kostengünstigeres Gerät.

Durch diese gesteigerte Verarbeitungsleistung haben Hersteller zudem die Möglichkeit, noch viele weitere Funktionen zu integrieren, die zusätzlichen Nutzen bringen. Anstatt die Konkurrenz durch eine größere Anzahl an Befehlssätzen oder durch die Verdrahtungsarchitektur zu überbieten, hört man nun auf die Kundenwünsche und stellt mit Betriebsmitteln im Mid-End-Bereich Bewegungs- und Prozesssteuerungen und sogar Sicherheitstechnik zur Verfügung und stellt damit die Weichen für den Einsatz wirtschaftlicherer Maschinen- und Prozesssteuerungen.

Und noch ein Entwicklungstrend lässt sich feststellen: das Ethernet und seine zahlreichen industriellen Varianten haben sich in den meisten vertikalen Branchen zum vorrangigen Kommunikationsprotokoll der Wahl gemausert. Die von den Fertigungsschritten generierten Daten können auf diese Weise erheblich einfacher ausgewertet werden, um eine noch umfangreichere Einsichtnahme sowie einen „Kommunikationstunnel“ bis auf Bauteilebene zu erhalten. Damit wird eine der Forderungen des Konzepts Fertigung 4.0, das Prinzip des vernetzten Unternehmens, erfüllt. Ethernet und Ethernet-basierende Protokolle sind heute schon so weit entwickelt, dass sich quasi jedes beliebige Betriebsmittel (sicher) im Web abfragen lässt. Dies geschieht über deren eigene Webseiten, die von einer Mid-End-SPS bereitgestellt wird.

Die Entwicklung der SPS-Technik steht sicherlich nicht still. Sie wird noch weitere Jahre mit neuen Entwicklungen auftrumpfen. Man könnte jedoch behaupten, dass in Bezug auf den angebotenen Funktionsumfang ein gewisser Stand der Technik erreicht ist und dass den Herstellern heute nur noch wenige Funktionsergänzungen verbleiben. Sicherlich ist mit einem Geschwindigkeitszuwachs, höheren Datenraten und noch kürzeren Regelschleifen zu rechnen, aber womit könnte sonst noch aufgewartet werden?

Der nächste größere Schritt wird sich um das Etablieren branchenweiter Standards drehen. Bei Endkunden kann dies einer SPS-Unkenntnis führen. Ein Beispiel ist PackML, ein von der Organisation OMAC (Organization for Machine Automation and Control) entwickelter Standard, der für automatisierte Maschinen einen gemeinsamen Ansatz bzw. eine Maschinensprache definiert. Dahinter steckt der Gedanke, auf allen Werksebenen ein einheitliches „Look and Feel“ zu schaffen. PackML wurde als Bestandteil der ISA88 im Jahr 2008 übernommen und wird mittlerweile von einigen der größten Endkunden der Welt eingesetzt. Viele dieser Unternehmen hatten diesen Bedarf ursprünglich vermeldet. Als direkte Folge wünschen sich Maschinenbauer und Endkunden von ihren Automatisierungslieferanten eine offene Funktionalität, um eine SPS bei Bedarf letztendlich im laufenden Betrieb durch das Fabrikat eines anderen Herstellers austauschen zu können und sich dennoch sicher zu sein, dass ihr Automatisierungsprogramm/Rezept vorher sowie nachher funktioniert.

Wenn dieser Trend weiter tatkräftig verfolgt wird, ist es durchaus vorstellbar, dass die SPS-Hersteller zu den alten Zeiten zurückkehren und versuchen, ihre Mitbewerber durch Leistungsvorteile aus dem Rennen zu werfen. Letztere hängen allerdings von den Wünschen der Kunden und nicht von prahlerischen Tendenzen ab, und das ist auch gut so.