Batteries Not Included: Drahtlose Sensor-Lösungen

Wie Energierückgewinnung Sensortechnologie revolutionieren könnte.

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Die Ausgangslage stellt sich wie folgt dar: Laut Vorhersagen der Firmen Bosch, TexasInstruments und Hewlett-Packard soll sich die Zahl der jährlich installierten Sensoren zwischen 2017 und 2025 zwischen 1 und 10 Billionen bewegen. Dieses rasante Wachstum, verbunden mit Anforderungen an die Datenspeicherung, -verarbeitung und -übertragung, macht Überlegungen zur Nachhaltigkeit erforderlich. Beim Betrieb von Sensoren ist deshalb jede Art von Energy-Harvesting-Lösung erwünscht, wenn nicht gar zwingend erforderlich.

Moderne Low-Power-Sensoren ermöglichen die präzise lokale, ferngesteuerte oder autonome Steuerung in einer Vielzahl von Einsatzgebieten. Sie sind Schlüsselkomponenten für einen riesigen Anwendungsbereich mit globalen Märkten. Zentrales Merkmal dieser Sensoren ist, dass die Energy-Harvesting-Technologie ihre Funktion ohne Netzanschluss oder Batteriewechsel ermöglicht. Das Energy-Harvesting-Element wird als Energiequelle im Blockschaltbild eines typischen Sensors mit sehr geringer Leistungsaufnahme in Bild 1 gezeigt.

Abbildung 1

Blockschaltbild eines typischen Sensors mit sehr geringer Leistungsaufnahme und Energy-Harvesting-Versorgung.

Wireless Sensor Solutions Figure 1

Ein autarker Sensor enthält folgende Systemelemente:

  • Energy Harvester
  • Sensor(en)
  • Energiespeicher
  • Energieverwaltung (Power-Management)
  • Mikrocontroller
  • Drahtloses Konnektivitätselement

Eine der zentralen Herausforderungen beim Entwurf eines solchen Sensorsystems ist die Einhaltung des Energie- Budgets (Betriebsspannung; Spitzen-, Ruhe- und Durchschnitts-Betriebsströme).

Energy Harvesting: Umsonst und nicht nur draußen

Die wichtigsten Energiearten, die normalerweise von der Natur oder der Umwelt zur Verfügung gestellt werden, lassen sich relativ leicht erfassen:

  • Energie aus Licht – Sonnenlicht sowie Innen- und Außenbeleuchtung können durch Solarzellen in Strom umgewandelt werden. Um effizient zu arbeiten, sollten diese Zellen für die charakteristischen Spektren der Auflichtbeleuchtung optimiert sein.
  • Schalter AFIGMechanische Energie – Objekte, die vibrieren oder sich bewegen, können Strom erzeugen. Sie liefern eine erhebliche Spannung, wenn sie mit piezoelektrischen Materialien erzeugt werden und können leicht Hunderte von Volt bereitstellen. Diese Art von Energiequelle hat jedoch eine sehr hohe interne Impedanz. Tatsächlich ist sie so hoch, dass ein piezoelektrischer Harvester nicht viel Strom treiben kann. Außerdem kehrt sich die Polarität von Spannung und Strom - je nach Richtung der Schwingungsänderung - um. Auch die mechanische Energie des Drückens oder Bewegens eines Objekts - wie eines Schalters - kann einen Strom generieren, wenn die Aktion den Fluss eines Magnetkerns ändert, der sich in einer Spule befindet. Ein Beispiel ist ein ZF Piezo-Nanogenerator (Bild 2).
  • Thermoelektrische Energie – Wenn sich die Temperatur an einem Punkt der Oberfläche eines Objekts von dem eines nahegelegenen Punktes unterscheidet, kann diese Temperaturdifferenz direkt mit Hilfe des Seebeck- Effekts in einen elektrischen Strom gewandelt werden.
  • Elektromagnetische Wellen – Funkemissionen werden bei der verbreiteten RFID-Technologie u. a. in Bankkarten sowohl für den Datentransfer als auch für die Energieversorgung eingesetzt.

Tabelle 1. zeigt die Leistung der Energiequellen.

Energiequelle Merkmal Leistung
Licht im Freien
in Gebäuden
100 mW/cm2
100 µW/cm2
Temperatur Körperwärme
industrielle Wärmequellen
80 µW/cm2
1-1 0mW/cm2
Vibration menschlicher Körper (~Hz)
Machine (~kHz)
~4 µW/cm2
800 µW/cm2
HF GSM 900 MHz
WiFi
0.1 µW/cm2
0.001 µW/cm2
Induktion Beispiel: ZF Energy Harvester > 0.2 mWs (Ohmsche Last)

Tabelle 1. Parameter der einzelnen Energiequellen.

Sensoren – die Menge macht's

Es gibt so viele verschiedene Typen und Hersteller von Miniatursensoren zur Messung physikalischer Größen - eine Größenordnung, die hier nicht thematisiert werden kann. Zu den Lieferanten von MEMS-Chips gehören unter anderem: STMicroelectronics, Bosch Sensortec, Texas Instruments, NXP, Analog Devices, Seiko Epson, Infineon Technologies, Murata, Sensata und Melexis.

Energiespeicher: Wenn nichts mehr geht

Der Energiespeicher dient als Puffer zwischen Last und Energy Harvester. Er liefert Strom an die Elektronik, wenn der Harvester keine oder nicht genügend Energie bereitstellen kann. Akkus, Superkondensatoren und Festkörperbatterien können zum Speichern elektrischer Energie in Sensorsystemen mit sehr geringem Stromverbrauch verwendet werden.

  • Wiederaufladbare Batterien – gibt es in vielen verschiedenen chemischen Zusammensetzungen und unterschiedlichen Formen, Größen und Kapazitäten. Spezifische Merkmale und Spezifikationen – die nicht standardisiert sind – können erhebliche Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit haben.

  • SuperCaps – Superkondensatoren sind normalen Kondensatoren ähnlich. Sie bieten aber höhere Kapazitäten. Sie sind in zylindrischer und prismatischer (rechteckiger) Form erhältlich. Ein daumengroßer SuperCap hat eine Kapazität von 1 Farad bei 2,5V. SuperCaps haben relativ hohe Leckströme. Wenn sie mit einem Energy Harvester verwendet werden, muss dieser eine ausreichend hohe Leistung erbringen. Die Kapazität von SuperCaps nimmt bei erhöhten Temperaturen ab. Die Superkondensatoren der Serie 235 EDLC-HVR ENYCAP von Vishay (Bild 3) sind die nach Herstellerangaben weltweit ersten ihrer Art mit einer Lebensdauer von 2000 Stunden bei +85°C. Sie werden bei 85°C und 85% r.F. 1500 Stunden lang unter Spannung getestet. Die Kondensatoren sind in 15 Gehäusegrößen von 10mm x 20mm bis 18mm x 40mm verfügbar und decken den Kapazitätsbereich von 5F bis 60F ab.



Abbildung 3. Superkondensator der Serie 235 EDLC-HVR ENYCAP von Vishay.

Supercapacitor
  • Festkörperbatterien – Die Entwicklung von Festkörperbatterien (Solid-State Batteries) gibt Entwicklern eine weitere Energiespeicher-Option für Designs mit sehr geringem Stromverbrauch an die Hand. Solid-State- Batterien zeichnen sich durch eine geringe Selbstentladung aus (4%/Jahr) und können 1.000 Mal aufgeladen werden – sogar öfter, wenn sie nicht tief entladen werden. Die Verwendung eines keramischen Festkörpers schließt die Gefahr von Brand, Explosion oder des Auslaufens von Elektrolytflüssigkeit aus.

CeraCharge von TDK (Bild 4) ist ein solcher Solid-State-Akkumulator in SMD-Technologie. In der Baugröße EIA 1812 (4,5mm x 3,2mm x 1,1mm) erhältlich, bietet der Akkumulator eine Kapazität von 100μAh bei einer Nennspannung von 1,4V. Kurzfristig können auch Ströme im Bereich einiger mA entnommen werden. Der Betriebstemperaturbereich liegt zwischen -20°C und +80°C. Zur Erhöhung von Kapazität und Spannung lassen sich einzelne CeraCharge-Chips beliebig in Serie oder parallel schalten.


Bild 4: CeraCharge von TDK

Solid-State Battery

Energieverwaltung – Serve and Protect

Wie bereits erwähnt, benötigen drahtlose Sensorlösungen mit sehr geringem Stromverbrauch aufgrund der variablen Spannungs- und Stromzustände eine Energieverwaltung. Dieses Bauteil wandelt die angelieferten ungeregelten Spannungen und Ströme in geregelte elektrische Energie um, die gespeichert werden kann. Es kann auch Energie an die Systemlast mit der richtigen Spannung durchreichen. Typischerweise enthält der Power- Management-Chip Schaltungen zum Schutz sowohl der Last als auch der Energiespeicher:

  • Unterspannungssperre – Diese Schutzschaltung unterbricht die Stromversorgung der Last und schaltet auf Erhaltungsladung des Energiespeichers, wenn die Ausgangsspannung des Energy Harvesters zu niedrig wird. Diese Fähigkeit ist wichtig, um den Akku vor zu starker Entladung zu schützen, da er dauerhaft beschädigt werden kann oder einen Teil bzw. die gesamte Speicherkapazität verliert.

  • Überspannungsschutz – Diese Funktion überwacht die Ladespannung. Wenn die Spannung zu hoch wird, leitet der Power-Management-Chip entweder die überschüssige Ladung auf Masse oder fügt elektronisch eine hohe Impedanz zwischen den Harvester und den Energiespeicher ein. Welche Methode auch immer verwendet wird, es geht um den Schutz des Energiespeichers.

  • Überstromschutz – Diese Schutzschaltung hat eine ähnliche Funktion wie eine Haushaltssicherung. Wenn die Last zu viel Strom zieht, isoliert sie der Überstromkreis von der Batterie und stellt sicher, dass sie nicht tiefentladen wird. Wenn diese Funktion aktiviert wird, liegt normalerweise ein Fehlerzustand im System vor.


Ein Beispiel für einen Power-Management-Chip ist der MAX20361 von Maxim Integrated. Es ist ein vollständig integrierter Steuerungs-Chip für die Gewinnung von Energie aus ein- oder mehrzelligen Solar-Quellen. Das Gerät benötigt einen Ruhestrom von 360nA, verfügt über einen Aufwärtswandler, der ab 225mV (typ.) startet. Um die von der Quelle gelieferte Leistung optimal zu nutzen, verfügt der MAX20361 über eine proprietäre sogenannte maximale Leistungs-Punkt-Verfolgungstechnik (MPPT), die eine effiziente Verarbeitung von 15μW bis über 300mW verfügbarer Eingangsleistung erlaubt. Der MAX20361 verfügt außerdem über eine integrierte Ladefunktion mit Schutzschaltung, die für Li-Ion-Batterien optimiert ist. Der Chip kann aber auch zum Aufladen von Superkondensatoren, Dünnfilm-Batterien oder herkömmlichen Kondensatoren verwendet werden. Die Ladeschaltung integriert eine programmierbare Ladeabschaltung. Eine Beschreibung des MAX20361-Evaluation-Kits (Bild 5) findet man im RS-DesignSpark-Web.

Abbildung

MAX20361-Evaluation-Kit. Dieser Chip ist ein vollständig integrierter Steuerungs-Chip für die Gewinnung von Energie aus ein- oder mehrzelligen Solar-Quellen.

MAX20361 Evaluation Kit

Mikrocontroller – Bauteil im Zentrum

Die Wahl der MCU (Mikrocontroller Unit) ist für eingebettete Systeme mit sehr geringem Stromverbrauch von entscheidender Bedeutung. Idealerweise verfügt sie mindestens über die folgenden Funktionen:

  • Mehrere Power-Down-, Schlaf- oder Abschaltmodi zur Maximierung der Akkulaufzeit
  • Gute Leistung für schnelle und effiziente Verarbeitung
  • Sehr schnelle Aufwachzeiten aus Power-Down-Modi

Letzteres ist wichtig, da die Schaltungen des Sensorsystems so lange wie möglich in einem niedrigen Verbrauchszustand verbringen sollen, bevor in einen Betriebsmodus übergegangen wird, der mehr Strom verbraucht. Die Renesas RX111 MCU zum Beispiel bietet diese Funktionen.

Drei leistungsgesteuerte Laufmodi des RX111 (High-Speed, Middle-Speed und Low-Speed) und drei Low-Power-Modi (Sleep, Deep Sleep und Software Standby) können so programmiert werden, dass sie verschiedene Kombinationen von On-Chip-Funktionen betriebsbereit machen. Bei Sensoranwendungen ist es beispielsweise eine häufige Anforderung, das System aufzuwecken, wenn ein Ereignis aufgetreten ist oder es in regelmäßigen Abständen mithilfe der integrierten Echtzeituhr (RTC) hochzufahren.



Bild 6. MCU Evaluierungs-Platine, RX111

Renesas RX111 MCU

Die Versorgungsspannungs-Anforderungen der MCU werden von den leistungsgesteuerten Run-Modi nicht beeinflusst. Der Betrieb ist immer über den gesamten Bereich von 1,8V bis 3,6V des Bauteils zulässig. Allerdings hängen die Taktfrequenzen, die im High-, Middle- und Low-Speed-Modus verwendbar sind, von der Versorgungsspannung ab.

In den energiesparenden Sleep-, Deep-Sleep- und Software-Standby-Modi der MCU werden verschiedene On-Chip- Funktionen gestoppt oder heruntergefahren:

  • Schlafmodus – Die CPU wird mit gespeicherten Daten gestoppt. Dadurch wird der dynamische Stromverbrauch der CPU reduziert, der wesentlich zum Gesamtbetriebsstrom der MCU beiträgt. Die CPU wacht in 0,21μs bei 32-MHz-Taktung wieder auf.
  • Tiefschlaf-Modus – CPU, RAM und Flash-Speicher werden gestoppt, wobei die Daten erhalten bleiben. Bei 32MHz mit mehreren aktiven Peripheriegeräten beträgt der typische Betriebsstrom 4,6mA. Der Chip benötigt 2,24μs, damit die CPU aus dem Deep-Sleep-Modus aufwacht und in den Run-Modus wechselt.
  • Software-Standby-Modus – PLL und alle Oszillatoren außer Sub-Clock und IWDT (Independent Watchdog Timer) werden gestoppt. Fast alle Module der RX111-CPU, SRAM, Flash, DTC (Data Transfer Controller) und Peripherieblöcke werden gestoppt, wobei die Daten erhalten bleiben. Die Power-on-Reset-Schaltung bleibt betriebsbereit. Auch können bei Bedarf die IWDT-, RTC- und LVD-Module (Low Voltage Detection) betrieben werden. Der Stromverbrauch in diesem Modus beträgt 350nA bis 790nA, je nachdem, ob die LVD- und RTCFunktionen verwendet werden. Beim Aufwachen im 4-MHz-Run-Modus beginnt der CPU-Betrieb nach einer Verzögerung von 4,8μs. Beim Aufwachen im schnellen 32-MHz-Modus verlängert sich die Wartezeit auf 40μs.

Obwohl die Modi Sleep, Deep Sleep und Software Standby der RX111-MCU sehr hilfreich sind, um den Stromverbrauch zu senken, können andere Techniken weitere Leistungsreduzierungen erzielen. Beispielsweise können verschiedene Taktsignal-Frequenz- Teilungsverhältnisse individuell eingestellt werden. Darüber hinaus verfügt jedes Peripheriemodul im RX111 über ein separates Stop-Steuerbit.

Kommunikation: Leinen los

Die meisten der heute eingesetzten drahtlosen Kommunikationslösungen arbeiten im 2,4-GHz-ISM-Band mit den Protokollen ZigBee, Z-Wave oder Bluetooth LE. ZigBee und Z-Wave werden häufig in der Gebäudetechnik eingesetzt, während Bluetooth Heimautomatisierungs-Anwendungen bedient sowie tragbare Geräte wie Gesundheits- und Fitnessmonitore. Da alle aktuellen Smartphones Bluetooth unterstützen, ist die Anzahl der Sensor-Produkte, die dieses Protokoll verwenden, sehr hoch.

Bild 7. Das onsemi RSL10 Solar Cell Multi-Sensor Board mit BLE-Connectivity


Das Solarzellen-Multisensorboard RSL10 ist eine Entwicklungsplattform für batterielose IoT−Anwendungen einschließlich Smart Building, Smart Home und Industrie 4.0. Es basiert auf dem Bluetooth Low Energy Funkmodul RSL10 von onsemi. Das Board verfügt über einen 3-Achsen-Beschleunigungssensor, einen intelligenten Umweltsensor und einen Temperatursensor. Es umfasst außerdem einen Speicherkondensator mit 47F, eine Programmier- und Debug-Schnittstelle und eine Solarzelle.

onsemi RSL10 Solar Cell Multi-Sensor Board

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