Technische Daten von Koaxialkabel besser verstehen

Längst nicht alle Koaxialkabel sind gleich, selbst wenn sie dieselben mechanischen Daten aufweisen. Die Kriterien Struktur, Material und demzufolge auch die elektrischen Eigenschaften können stark schwanken. Daher können Kabel, die auf den ersten Blick ähnlich aussehen, auf grundlegend verschiedene Anwendungen ausgelegt sein. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, die Bedeutung der Eigenschaften eines Kabels genauer zu verstehen.

In diesem Artikel werden wir ein RG178-Kabel von RS Components mit einem Durchmesser von weniger als 2 mm mit einem weit verbreiteten RG8U-Kabel von Belden mit einem Durchmesser von 10,278 mm vergleichen (beide unten abgebildet), um die Auswirkungen der verschiedenen Eigenschaften eines Kabels auf dessen Performance aufzuzeigen. Im Allgemeinen nehmen die meisten Leistungskriterien bei wachsendem Kabeldurchmesser zu – doch insbesondere bei Anwendungen im Bereich Elektronik ist Platz oftmals ein kostbares Gut, weshalb in vielen Fällen dünnere Kabel die bessere Lösung sein können. Dies führt letztlich dazu, dass zwischen der Dicke und der Performance eines Kabels abzuwägen ist.

Struktur

Koaxialkabel haben seit ihrer Patentierung im Jahre 1880 viel durchgemacht. Moderne Koaxialkabel bestehen aus einem leitenden Kern, der von einer isolierenden Schicht und einer abschirmenden Schicht umschlossen wird. Abschließend dient eine Kunststoffhülle als Ummantelung. Die Abmessungen dieser Schichten sind genau im Auge zu behalten, um sicherzustellen, dass die Eigenschaften des Kabels gleich bleiben.

Der leitende Kern ist der Ort, an dem das Signal übertragen wird. Er besteht in der Regel aus Kupfer, wenngleich Kabel für Hochfrequenz-Signale auch über versilberte Kupferleiter verfügen können. Der Leiter kann zudem aus einem einzelnen Strang oder aus mehreren, dünneren Strängen bestehen, um mechanisch flexibler zu sein. 

Rund um den inneren Kern verläuft eine isolierende dielektrische Schicht, die in der Regel aus Kunststoff gefertigt ist. Je dicker diese Schicht ist, desto besser – wobei die Leistung des Isolators auch davon abhängt, welcher Kunststoff letztlich verwendet wird. Manche Kabel verwenden beispielsweise einen Kunststoffschaum, in dem Luftblasen enthalten sind – und Luft dient als guter Isolator.

Die dielektrische Schicht isoliert den Leiter letztlich von der abschirmenden Schicht, die in der Regel aus einem geflochtenen leitfähigen Draht auf Erdspannung besteht. Diese Abschirmung schützt das Signal vor elektrischen und magnetischen Feldern in der Umgebung – und umgekehrt. Ebenso wie der mittige Leiter ist auch die abschirmende Schicht oftmals aus Kupfer oder versilberten Kupferdrähten gefertigt, kann jedoch auch mit einer dünnen Schicht aus Metallfolie ergänzt werden, um die dielektrische Schicht vollständig zu umschließen.

Ganz allgemein gilt, dass locker geflochtene Abschirmungsschichten weniger Abdeckung bieten und daher weniger leistungsstark sind, während eine besonders eng geflochtene Schicht mit kleineren Lücken eine höhere Performance liefert. Hochleistungskabel können zur besseren Abdeckung ebenso über eine dünne Schicht aus Metallfolie innerhalb der Abschirmungsschicht verfügen; manche Spezialkabel verfügen sogar über je zwei Schichten aus Folie und Draht, was jedoch wiederum zu Lasten der mechanischen Flexibilität des Kabels geht.

Letztlich wird das gesamte Paket zum Schutz vor Umwelteinflüssen von einer Kunststoffhülle umschlossen.

(Oben) RG178-Kabel von RS Components

(Unten) RG8U-Kabel von Belden

 

Lassen Sie uns jetzt gemeinsam die Struktur unseres dünnen und unseres dicken Kabels vergleichen.

Der Kern des 2-mm-dünnen RG178-Kabels von RS besteht aus 7 Strängen versilberten Stahls mit Kupfermantel, jeweils mit einem Durchmesser von 0,1 mm. Die dielektrische Schicht besteht auf PTFE, umgeben von 16 versilberten Kupferdrähten, die in einer Abschirmung mit einer Abdeckung von 96 % zusammenlaufen. Zu guter Letzt steht der FEP-Mantel.

Das RG8U-10-mm-Kabel von Belden verfügt hingegen über einen 2,74 mm starken Kupferleiter und eine halbfeste dielektrische Schicht aus Polyethylen. Die Abschirmung ist aus sogenanntem Duobond II – einer High-Spec-Option von Belden, bei der eine Schicht aus Aluminiumfolie mit einer Schicht aus geflochtenem Kupferdraht, die eine Abdeckung von 90 % bietet, kombiniert wird, um die Performance und die Zugfestigkeit des Kabels gegenüber der alleinigen Verwendung von Folie zu steigern. Der Mantel des Kabels von Belden besteht aus PVC.

Eigenschaften

Ein Schlüsselmerkmal zur Beschreibung von Koaxialkabeln ist ihr sogenannter Wellenwiderstand. Dabei handelt es sich um das Verhältnis zwischen den Spannungs- und Stromamplituden einer einzelnen Welle, die sich entlang des Kabels ausbreitet (ohne jegliche Reflexion). Abhängig ist das Verhältnis insbesondere von dem Verhältnis zwischen dem Durchmesser des Kerns und dem Innendurchmesser der Abschirmung sowie von der Dielektrizitätskonstante der dielektrischen Schicht. Der wichtigste Punkt bei der Auswahl eines Kabels ist jedoch, dass die Widerstände auf der Sende- und der Empfangsseite gleich sind, um somit jegliche Reflexion des Signals zu minimieren. Koaxialkabel sind üblicherweise mit 50 Ω und 75 Ω erhältlich, während die Variante mit 50 Ω dank der Ausgewogenheit zwischen der Nennleistung und Dämpfung fast immer in Anwendungen zur Übertragung herkömmlicher Signale und Daten zum Einsatz kommt (75 Ω wird lediglich für VHF- und UHF-Signale verwendet). Sowohl unser dünnes Kabel als auch unser dickes Kabel verfügen über einen Wellenwiderstand von 50 Ω.

Die Dämpfung, beziehungsweise der Verlust pro Längeneinheit am Kabel, ist ein aussagekräftiges Kriterium der Performance, da sie die Verringerung der Signalstärke entlang des Kabels angibt. Der Verlust von Koaxialkabeln berücksichtigt dabei den Verlust in dem Kern sowie in der dielektrischen Schicht.

Der Verlust in dem Kern wird vor allen Dingen von dem Skin-Effekt bei hohen Frequenzen bestimmt, wobei das Signal dazu neigt, entlang der Oberfläche des Kerns zu verlaufen. Obwohl der Widerstand des Kerns noch immer umgekehrt proportional zu dem Durchmesser ist, nimmt er ebenso aufgrund des Skin-Effekts mit der Quadratwurzel der Signalfrequenz zu. Die Verluste in dem Kern dominieren den Gesamtverlust bei niedrigen Frequenzen.

Verluste finden jedoch auch in der dielektrischen Schicht statt, da diese einem sich ändernden elektrischen Feld ausgesetzt ist. Diese Verluste nehmen ebenso mit der Signalfrequenz zu und mit der Dicke der Schicht ab, dominieren jedoch die Kernverluste bei sehr hohen Signalfrequenzen.

Da diese beiden Verlustarten von der Dicke abhängen, erwarten wir, dass dickere Kabel bessere Werte hinsichtlich der Dämpfung erzielen. Wenn wir verschiedene Kabel miteinander vergleichen, müssen wir jedoch sicherstellen, dass wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen – sprich: Die Dämpfung ist bei derselben Signalfrequenz und derselben Länge des Kabels zu betrachten. Unser dünnes RG178-Kabel von RS bietet eine Dämpfung von 151 dB pro 100 Meter für ein 1000-MHz-Signal, während das dickere RG8U-Kabel von Belden 4,4 dB pro 100 Fuß für dieselbe Frequenz aufweist. Das entspricht 1,51 dB/m für das dünne Kabel und 0,14 dB/m für das dicke Kabel – sprich: ein Unterschied um den Faktor Zehn.

Performance

Ein weiteres Performance-Kriterium, das oftmals aufgeführt wird, ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit – sprich: die Übertragungsgeschwindigkeit der elektrischen Energie über eine bestimmte Länge. Der Einfachheit halber wird sie jedoch in der Regel in Form des sogenannten Verkürzungsfaktors als Prozentsatz angegeben. Dieser Faktor ist das Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit im Kabel zur Lichtgeschwindigkeit im freien Raum. Die Signalgeschwindigkeit in Koaxialkabeln hängt vor allen Dingen von der Dielektrizitätskonstante der isolierenden Schicht rund um das Kabel ab. Bei unserem dünnen RG178-Kabel mit PTFE-Dielektrikum beträgt der Verkürzungsfaktor 69 %. Bei dem dickeren RG8U-Kabel mit Polyethylenschaum mit hoher Dielektrizitätskonstante beträgt er 84 %.

Zu den weiteren Eigenschaften von Kabeln, die zu berücksichtigen sind, gehört mitunter die Nennleistung: Diese Größe hängt hauptsächlich von der Nennspannung des Kabels und dem zulässigen Temperaturanstieg gegenüber der Umgebungstemperatur ab, bevor das Kabel Beschädigungen durch Wärme erleidet. Allgemein gilt, je geringer die Verluste in dem Kabel sind, desto niedriger ist auch der Temperaturanstieg und umso höher fällt die Nennleistung des Kabels aus – wie bereits zuvor erwähnt, haben dickere Kabel in der Regel geringere Verluste, sodass sie im Umkehrschluss eine höhere Nennleistung aufweisen können. Bei Anwendungen mit höheren Umgebungstemperaturen und in Situationen, in denen Wärme schlechter abgeleitet werden kann – beispielsweise, wenn das Kabel vergraben oder auf engem Raum installiert ist – muss die Nennleistung jedoch herabgestuft werden.

Insgesamt fallen die Leistungswerte, darunter die Dämpfung, bei dickeren Koaxialkabeln im Allgemeinen günstiger aus. Die Auswahl eines Koaxialkabels für eine HF-Anwendung hängt in gewissem Maß von der Performance ab, wobei diese wiederum gegenüber der zulässigen Dicke und natürlich gegenüber den Kosten abgewägt werden muss.