Die Notwendigkeit extrem niedrigen Energieverbrauchs innerhalb von Energy Harvesting Anwendungen

Die Notwendigkeit extrem niedrigen Energieverbrauchs innerhalb von Energy Harvesting Anwendungen

 

Von Bruno Damiani, ON Semiconductor & Andrea Colognese, Canova Tech

 

Das Thema Energy Harvesting hat in den letzten Jahren großes Interesse unter den Elektronikherstellern geweckt. Durch dieses Verfahren können kleine Mengen von Energie erfasst, gesammelt und anschließend von elektronischen Geräten genutzt werden, sodass einfache Aufgaben ohne Einbeziehung einer konventionellen Stromquelle durchgeführt werden können. Um dies effektiv tätigen zu können, muss das System in Bezug auf die speziellen Komponenten und den Systemaufbau mit einem Höchstmaß an Effizienz betrieben werden. Im folgenden Artikel werden einige technische Herausforderungen besprochen und die Schlüsselrolle der innovativen Digital-Analog-Energieverwaltung im Bereich der Halbleitertechnologie vorgestellt.

 

Heute werden Energy Harvesting Anwendungen unter anderem in Gebäudeautomationssystemen, Fernüberwachungs-/Datenerfassungsgeräten und Funksensornetzwerken genutzt. Da die Energiegewinnung nicht von konventionellen Stromquellen abhängig ist, ermöglichen sich hier zwei entscheidende ökologische Vorteile. Bei derartiger Energiegewinnung werden weder die Reserven fossiler Brennstoffe ausgeschöpft noch wird zur Umweltverschmutzung beigetragen (da hierbei weder Kohlendioxid erzeugt, noch Einwegbatterien genutzt werden). Neben dem vollständigen Verzicht auf Verdrahtung und Verkabelung und dem daraus entstehenden Gebrauchskomfort, liegt der eigentliche Vorteil dieser Anwendung nach der Installation, in der Einsparung der täglichen Betriebskosten, da weder Nebenkosten oder kostspielige Batteriewechsel anfallen.

 

Die Gewinnung der erforderlichen Energie

Die Energiegewinnung aus der Umwelt kann auf unterschiedliche Art und Weise durchgeführt werden (abhängig von der Eignung für die spezifische Anwendungsumgebung), wobei Leistungsbereiche zwischen 10 µW und 400 µW erzeugt werden. Hierzu werden Mechanismen wie Temperaturunterschiede, Kinetik (normalerweise durch Schwingung), Solarenergie, der piezoelektrische Effekt, die pyroelektrische und die elektromagnetische Wirkung verwendet. Mit Ausnahme von Solarenergie, ist die Annahme, dass Energy Harvesting „kostenlose“ Energie erzeugt, jedoch nicht unbedingt zutreffend. Auf Schwingungen oder Wärmegradienten basierende Anwendungen, nutzen die vom System abgegebene überschüssige Energie. Daher müssen Reparatur- und Instandhaltungskosten berücksichtigt werden.

Abbildung 1 : Der Leistungsbereich im realen Gebrauch

Increasing use of EH

Vermehrte Nutzung von Energy Harvesting

WSN Sleep Process Transmit

WSN Energiesparmodus Übertragung

Standby

Standby

32 KHz quartz oscillator

32 KHz Quarz-Oszillator

Electronic watch or calculator

Elektronischer Zeitmesser oder Taschenrechner

RFID Tag

RFID-Etikett

Hearing aid

Hörgerät

Miniature FM receiver

Mini-FM-Empfänger

Tranceiver Bluetooth

Bluetooth-Sender/Empfänger

PALM, MP3

PALM, MP3

GSM

GSM

Bicycle light

Fahrradlampe

µP Laptop

µP Laptop

µP Desktop

µP Desktop

Button batteries

AA or AAA

large rechargeable

Knopfzellen

AA oder AAA

Groß, wiederaufladbar

 

 

 

 

Die Energie, die während des Energy Harvesting Prozesses erzeugt wird, kann auf viele verschiedene Arten genutzt werden, zum Beispiel:

 

  1. Schalter (Gebäudeautomation) – Hier ist die mechanische Kraft, die zum Ein- und Ausschalten des Schalters angewandt wird, zur Erzeugung weniger Millijoule (mJ) an Energie ausreichend, um einen drahtlosen Sender/Empfänger zu betreiben. Hierbei wird ein HF-Signal, dass eine Türverriegelung oder einen Lichtschalter betätigt, erzeugt. Da keine Verkabelung erforderlich ist, bringt diese Methode sowohl logistische als auch ästhetische Vorteile.
  2. Temperatursensoren (Gebäudeautomation) – Der Unterschied zwischen der Temperatur der Umgebungsluft und einem Heizkörper kann die notwendige Leistung aufbringen, um Temperaturdaten via Funk zurück an das Steuerungssystem zu senden.
  3. Klimaanlage (Gebäudeautomation) - Die Schwingung des Klimakanals kann zur Erzeugung eines elektrischen Signals über elektromagnetische Induktion eingesetzt werden. Die Klimaanlage kann durch dieses Signal gesteuert werden.
  4. Fernüberwachung (Industrie/Umwelt) – Diese kann in Form einer unbemannten Wetterstation, eines Gas-Sensorsystems in einer chemischen Fabrik oder einer Anlage zur Tsunamiwarnung bestehen. Eine Solarzelle oder eine kleine Windenergieanlage kann die benötigte Energie aufbringen.
  5. Medizinische Implantate (Gesundheitswesen) – z. B. bei Systemen zur Blutzuckerüberwachung, bei denen es Wärme und Körperbewegung erlauben, einen energiesparenden Funk-Sendeempfänger auf der Haut des Patienten zu befestigen. Ohne die Notwendigkeit eines Akku, können die Daten an ein zentrales System weitergeleitet werden (was zum verbesserten Komfort des Patienten und zur Minimierung seiner Unannehmlichkeiten beisteuert).
  6. Uhren (Verbraucher) – Bei denen die Verwendung von Solar- oder kinetischer Energie verwendet werden kann, um einen batterielosen Zeitmesser zu betreiben.
  7. Reifendruckkontrollsysteme (RDKS, Automobilindustrie) – Mit der Sensortechnologie zur Erfassung akustischer Oberflächenwellen (AOW), ist es möglich, die Probleme, die durch die Installation einer Batterie und der komplizierte Elektronik die zur Unterstützung von Temperatur-/Drucksensoren auf jedem Fahrzeugreifen notwendig sind, zu umgehen, wodurch sämtliche Materialkosten und der Bedarf an technischen Ressourcen reduziert wird.

 

Überlegungen zum Systementwurf

Mit einer verfügbaren Energie von lediglich µWs ist es von größter Bedeutung, diese voll zu nutzen. Ingenieure müssen hart daran arbeiten, sodass Verschwendung vermieden werden kann. Ihre Arbeit beinhaltet sowohl Hardware als auch Softwarelösungen, die durch die Implementierung von hocheffizienten Komponenten und der vollständigen Designoptimierung erreicht werden können. Dabei ist es unbedingt erforderlich, dass die Schaltung einen Niederspannungsstromkreis mit intelligenter Energieregelung aufweist. Der Energiespeicher sollte ebenfalls berücksichtigt werden, da diese Art von Anwendungen oftmals keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt Energiegewinnung und dem Zeitpunkt der späteren Energienutzung aufweisen. Bei der angewandten Speichermethode sollte es sich um einen Niederspannungsstromkreis mit hohem Ladestromvermögen und moderater Ableitfähigkeit handeln und soweit möglich, keinerlei Selbstentladung besitzen. Der integrierte Digitalschaltkreis des Systems muss in der Lage sein, mehr als nur eine ausreichende Prozessorleistung zur Durchführung der Systemaufgaben aufzubringen, während er gleichzeitig den Betrieb bei geringer Spannung unterstützt, sodass eine Überschreitung des Energiehaushalts vermieden werden kann. Darüber hinaus muss dieser IC kostengünstig sein, sodass seine Verwendung die Gesamtbetriebskosten des Systems nicht überschreitet und somit gerechtfertigt werden kann. Ansonsten würden die entstehenden Kosten zu hoch sein, um bei den hier besprochenen Methoden zur Energiegewinnung zur Anwendung zu kommen.

Abbildung 2 : Vorsichtige Verwendung der zur Verfügung stehenden Energie

State

State

Flash

Mask

Flash

Mask

Idd

Idd

Operation

Operation

Area

Area

RTC & LCD operation

RTC & LCD operation

Time

Time

 

Wenn die Notwendigkeit zur Leistungs-, Optimierungs- oder Integrationsverbesserung besteht, ziehen OEM-Hersteller normalerweise benutzerdefinierte Ansatzweisen in Erwägung und gehen gleich bei Projektstart eine Zusammenarbeit mit einem ASIC-Lieferanten ein. Leider ist dies nicht immer möglich, da hier im Vorfeld große finanzielle Investitionen zur Deckung der NRE-Kosten gemacht werden müssen. Diese müssen dann mit großen Stückzahlen ausgeglichen werden. Viele Energy Harvesting Anwendungen erreichen nicht diese  benötigten Stückzahlen; aber die Alternative, serienmäßig produzierte Komponenten zu verwenden, hilft einem Ingenieur nicht dabei, die Leistung seines Systems zu maximieren. Um die Sache noch zu verschlimmern, sind der Arbeitsaufwand und die benötigten technischen Ressourcen groß.

 

Eine dritte Option ist mittlerweile verfügbar, die den Ingenieuren die erwünschten technischen Attribute eines ASIC bietet, ohne sie dabei mit den Nachteilen hoher Investitionssummen und Produktionszeiten zu belasten. Dieser Ansatz kombiniert einen Mikrocontroller mit extrem niedriger Leistungsaufnahme und einen effizienten, anpassbaren und vordefinierten IC, welcher die Integration wichtiger und unverzichtbarer Module wie der Harvesting-Schnittstelle, Energieregelungsfunktionen, dem Sensor und Stellglied-Schnittstelle ermöglicht. Die Canova Tech ETA-Plattform ist ein gutes Beispiel dafür: Auf der Grundlage des LC87F7932 Mikrocontrollers (MCU) mit extrem niedriger Leistungsaufnahme  vom Hersteller ON Semiconductor und der hochtechnologischen ETA-Plattform von Canova basierend, bietet dieser Ingenieuren ein bewährtes Entwicklungskit, welches an die Voraussetzungen spezieller Anwendungen angepasst werden kann (Hardware und Software) und damit die Merkmale der Energie- und Leistungsdaten des Systems erweitert. Die ETA-Plattform ist vollständig konfigurierbar und kann an die meisten herkömmlichen Energy Harvestinglösungen angeschlossen werden, wodurch DC- und AC-Eingänge größer als 0,9 V oder, mithilfe eines externen Transformators, größer als Zehntausende Millivolt bedient werden können. Die gesammelte Energie kann in verschiedenen Speicherelementen wie z.B. chemische Batterien, Kondensatoren und Superkondensatoren übertragen bzw. gespeichert werden. Durch sie kann das System die angesammelte Energie effizient verwalten, unabhängig davon, ob die Lieferung unstetig ist, sodass energiesparende Strategien wie die Verwendung des integrierten konfigurierbaren Analog-Frontends, in dem die Erfassung und Aufbereitung von Informationen aus den Sensoren des Systems ohne die Aufsicht der externen MCU durchgeführt werden kann, implementiert werden können.

Abbildung 3 : Blockschaltplan und Anordnung der Eta-Plattform

Any kind of DC (AC) harvester

Any kind of DC (AC) harvester

Load

Load

Several type of actuators

Several type of actuators

Harvesting boost

Harvesting boost

Harvesting controller

Harvesting controller

Power mngt controller

Power mngt controller

Timer and controller

Timer and controller

C-AFE controller alarm mngt

C-AFE controller alarm mngt

Switch matrix

Switch matrix

Active rect.

Active rect.

Charger

Charger

Auxiliary boost

Auxiliary boost

Several type of energy storage

Several type of energy storage

Standard

Standard

 

 

 

 

Das LC87F7932B-MCU ist ein auf CMOS-Technologie basierender 8-Bit-Baustein. Er verfügt über eine zentrale Verarbeitungseinheit (CPU) mit einer Bus-Zykluszeit von 250 ns (Minimum). Der IC verbindet einen integrierten programmierbaren 32KByte-Flash-Speicher, ein 2048 Byte RAM, einen On-Chip-Debugger, einen LCD-Controller/Treiber, einen 16-Bit-Timer/Zähler und einen Absolutzeitgeber. Sein 7-kanaliger, analog-digital (ADC) 12-Bit-Umwandler mit niedriger Leistungsaufnahme wandelt das erfasste Signal nach der Beendung der Konditionierung durch das Frontend um. Dieses digitale Signal kann dann drahtlos übertragen oder für die Extraktion zu einem späteren Zeitpunkt je nach Anwendung  gespeichert werden.

Abbildung 4 : Beispiel für ausgewählte aktive Sperre (in rot)

Flash Rom

Flash-Rom

Ram

Ram

Peripheral

Peripheral

Core

Core

LCD controller

LCD voltage generator

LCD controller

LCD voltage generator

RTC clock time

RTC clock time

Oscilliator

(fast)

(middle)

(slow)

Oszillator

(schnell)

(mittel)

(langsam)

OSC

OSZ

Intenral Vdd

Interne VDD

Idd const

IDD-Konstante

Control

Regler

Amp

Verstärker

 

 

Abschließend soll erwähnt werden, dass innerhalb des Designprozesses von Energiegy Harvestingsystemen eine Reihe an großen Hindernissen und Herausforderungen auftreten. So müssen Ingenieure die Prozessorleistung bestmöglich ausnutzen und gleichzeitig den Energieverbrauch und die Kosten minimal halten. Alle Anstrengungen müssen unternommen werden, um den Einsatz optimierter Komponenten zu garantieren und um sicherzustellen, dass der Entwicklungsprozess komplett rationalisiert abläuft. Durch den Einsatz der hier beschriebenen Entwicklungsplattform, die auf einer MCU-Architektur mit extrem niedriger Leistungsaufnahme sowie konfigurierbaren und benutzerdefinierbaren Geräten basiert, können Ingenieure diese Hindernisse überwinden und damit für eine effiziente Implementierung sorgen.

 

Canova Techs ETA Plattform

 

Funktionaler Blockschaltplan des LC87F7932B-MCU von ON Semiconductor